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Die Versuchs-Schnellboote der Reichsmarine

(Bilder Archiv 7. S-Geschwader wenn nicht anders gekennzeichnet)

Das breit angelegte Erprobungsprogramm der Reichsmarine sollte für einen zukünftigen S-Bootbau die Grundlagen liefern. Diese Erprobungen liefen fast ausnahmslos als verdeckte Aktivitäten der TRAYAG (Travemünder Yachthafen A.G.), des Hochseesportverbandes „HANSA“ und des Motor-Yachtclub von Deutschland in Zusammenarbeit mit der Neustädter Slip GmbH, alles mit Unterstützung von Kapitän zur See Lohmann, Chef der Seetransportabteilung,  gebildete Institutionen. Lohmann war dafür durch den Chef der Marineleitung mit Sondermitteln und der Generalvollmacht für deren Einsatz ausgestattet. Das Erprobungs-Personal gehörte in der Regel der so genannten „Schwarzen Reichswehr“ an.

Im Herbst 1926 wurde das bei Abeking & Rasmussen in Vegesack gebaute Versuchsboot „K“ geliefert. Es hatte die Abmessungen 17,4 m Länge, 3,48 m Breite und einen Tiefgang von 1,16 m. Das rund 16 t verdrängende Boot wurde von zwei 450/530 PS Otto-Motoren angetrieben und sollte damit eine Geschwindigkeit von ca. 40 kn erreichen. Die Bootsform war durch den Konstrukteur Professor Ehrenburg (Technische Hochschule Berlin) dem Vorbild des englischen 55‘-Thornycroft-CMB nachempfunden. Der Wellenbinderform-Stufengleitboot-Rumpf erlitt bei den ersten Seeversuchen bereits bei 25 kn und leichtem Seegang starke Schäden. Ein neuer wesentlich verstärkter Bootskörper zeigte ständige Leckagen im Bereich der Stufe. Die vorgesehenen 45-cm-Torpedoausstoßrohre für den Heckausstoß und das MG wurden aus Tarnungsgründen durch Ballastgewichte ersetzt. 

Versuchsboot „K“ bei Höchstfahrt vor Travemünde ca. 1926

 

Versuchsboot „K“ mit Höchstfahrt - Bild: Aus Fock Schnellboote Bd. 1

Versuchsboot „K“ - Bild: Aus Fock Schnellboote Bd. 1

In Anlehnung an die schnellen so genanten Express-Motor-Kreuzer, die Lürssen in Vegesack auf Rechnung amerikanischer Wassersportler fertigte, baute die Werft auf eigenes Risiko das Versuchsboot „Lür“ .

Es war ein Rundspant-Verdrängungsboot  mit den Abmessungen 21,0 m Länge, 3,6 m Breite und 1,28 m Tiefgang. Das rund 23 t verdrängende Boot wurde mit drei 450 PS-Maybach-Otto-Motoren angetrieben und erreichte eine Geschwindigkeit von 33 kn.  Der Rumpf wurde als Mahagoni-Kraweel-Bau gefertigt und sollte die guten Ergebnisse, die bereits mit dem kleineren Boot „Lüsi 1“ -  auch als „Liesel“ bekannt  - gemacht worden waren, untermauern und beweisen, dass Verdränger mit Rundspanten sich in dem kurzen, ruppigen Seegang der Nordsee wie auch der Ostsee besser verhalten würden als Gleiter.

Versuchsboot „Lüsi 1“/“Liesel - Bild: Aus Fock Schnellboote Bd. 1

Versuchsboot "Lür" - Bild: Aus Fock Schnellboote Bd. 1

Das in Gemeinschaftsarbeit der TRAYAG und der Caspar-Werft in Travemünde gebaute Versuchsboot „Narwal“ wurde als Gegensatz zum Rundspantboot gebaut, obwohl die gemachten Erfahrungen gezeigt hatten, dass die Rundspantform für das Seegebiet der Nord- und Ostsee besser geeignet war. „Narwal“  hatte die Abmessungen Länge 21,3 m, Breite 4,06 m und Tiefgang 0,9 m. Das rund 26,4 t verdrängende Boot (bei voller Beladung 31 t) wurde durch drei 375 PS Atlantik 12 Zylinder-V-Motoren angetrieben und erreichte eine Geschwindigkeit von 34,8 kn. Auch für dieses Boot war der Thornycroft 55‘-Entwurf das Vorbild. Trotz der verstärkten Bauweise bestätigte sich die bessere Eignung der Rundspantboote “Lüsi 1“ und „Lür“ im Seegang ab Stärke 2 bis 3. 

Versuchsboot „Narwal“ vor Travemünde etwa 1928

Versuchsboot „Narwal“ vor Travemünde etwa 1928

Versuchsboot „Narwal“ vor dem Zuwasserlassen - Bild: Aus Fock Schnellboote Bd. 1

Versuchs-Schnellboot „Narwal“ mit Höchstfahrt vor Travemünde Ende der 20er Jahre

Versuchsboot „Narwal“

Versuchsboot „Narwal“ vor Travemünde etwa 1928

Hecksee „Narwal“

„Narwal“ bei Höchstfahrt

 Die Gefährlichkeit des Otto-Motors an Bord von Schnellbooten erwies wieder einmal als ein Schnellboot im Hafen des Priwall in Travemünde abbrannte, auch in See wurde diese Erfahrung untermauert und mehrere Besatzungen mussten ihre Boote vorübergehend verlassen, bis die brennenden Boote durch Abschotten der Sauerstoffzufuhr oder durch Einblasen von Tetrachlor gelöscht werden konnten.

Brand eines Schnellbootes auf dem Priwall in Travemünde ca. 1926

Abwracken des abgebrannten Versuchsbootes

In den Jahren 1923 bis 1926 kaufte die Reichswehr die in privater Hand befindlichen Kriegs-LM-Boote „LM 20“, „LM 21“, „LM 22“, „LM 23“, „LM 27“ und „LM 28“ auf. Die LM-Boote liefen zunächst mit „zivilen“ Besatzungen und unbewaffnet. Ab 1926 erhielten sie Mercedes-Benz Otto-Motoren neuerer Bauart sowie Wendegetriebe.  Drei Boote erhielten drei 260 PS-Motoren, zwei Boote einen 260 PS-Motor auf die Mittelwelle und zwei 210 PS-Motoren auf die Außenwellen. Eines der Boote erhielt später  zwei 500-PS-Motoren auf zwei Wellen.

Weltkriegs LM-Boot auf einem Reichsbahnwaggon - Bild: Aus Fock Schnellboote Bd. 1

Versuchsboot „Gerda“ ca. 1926 vor Travemünde

Versuchsboot „Siegfried“ mit Heck-ToRo bei 30 kn  

Torpedoschuss recht voraus  von einem LM-Boot

Am 16.04.1929 stellte die Reichsmarine den „Ostseesperrverband“ auf. Der Verband bestand aus 24 Sperrübungsfahrzeugen und einer Reihe so genannter „Bewachungsfahrzeuge“. Zu den Bewachungsfahrzeugen zählten UZ-Boote (Uboot-Zerstörer) mit dem Zusatz „(S)“ für Schnellboot. Diese setzten sich zusammen aus den ehemaligen LM-Booten mit den Bezeichnungen UZ (S) 13, 14, 15, 16, 17, 20 und 21, aus den Booten ex „Lür“ als UZ (S) 11, ex „K“ als UZ (S) 12,  ex-„Narwal“ als UZ (S) 18 und  ex-„Lüsi 1“ bzw. „Liesel“ als „UZ (S) 19".

Aber alle Versuche zeigten, dass mit Booten dieser Größe die Forderungen der Reichsmarine nach seegängigen, schnellen Booten mit zwei Torpedorohren 53,7 cm und Flak bewaffnet mit einer möglichst hohen Reichweite und Geschwindigkeiten von mehr als 30 kn nicht erfüllt werden konnten.

 

Sperrverband Ostsee - Bild: Aus Fock Schnellboote Bd. 1

Daneben baute die Lürssen-Werft die zwei Turbinen –Schnellboote „Bremse“ und „Brummer“. Es waren 55 t Boote mit den Abmessungen29,00 m, 4,40 m Breite und 1,50 m Tiefgang, die mit zwei Kesseln und einer Hochdruck-Dampf-Turbinenanlage mit 1600 PS je Turbine eine Geschwindigkeit von 29 kn über ein Rädergetriebe und zwei Propeller erreichten. Sie bewährten sich im See-Einsatz wurden aber durch die einsetzende Diesel-Entwicklung für Schnellboote zu Einzelfahrzeugen.

Die Entwicklung eines neuen großen Schnellbootes bei der Lürssen-Werft auf der Grundlage des für amerikanische Auftraggeber  gebauten Express-Kreuzers „Oheka II“ und des daraus abgeleiteten Versuchsbootes „Lür“ führte zu dem uns als „S 1“ bekannten Typ-Bootes von 26,85 m Länge, 4,20 m Breite und 1,10 m Tiefgang, das aber genau wie die Boote „S 2“ bis „S 5“ noch mit Otto-Motoren ausgerüstet war. „S 1“ wurde am 07.08.1930 als UZ (S) 16 in Dienst gestellt. Es wurde am 31.03.1931 zum Wachboot „W 1“ und am 16.03.1932 zum Schnellboot „S 1“. Die Tarnbezeichnung „S“ für  Schnellboot wurde damit zur offiziellen Typ-Bezeichnung.  

Probefahrt „S 1“ auf der Weser – Bild: Aus Italieri Schnellboot Typ S 100